Donnerstag, 18. April 2013
Die Rettungsaktion
Hallo liebe Leserinnen und Leser,
hier eine überarbeitete Geschichte, die ich ganz zu Beginn meines Lehrganges geschrieben habe. Vorgabe war ein Bild, auf dem ein Mädchen mit einem Hund spazieren geht. Das habe ich daraus gemacht! Ich freue mich über Kommentare und Rückmeldungen...

Beinahe unhörbar bewegt sich Nina auf den Hundezwinger zu. Sie kniet sich hin und packt ein Wurststückchen aus ihrer Tasche. Nein, hier konnte er nicht mehr bleiben. Heute wollte sie ihren Plan wahrmachen und den Hund entführen.....
Schon eine Woche zuvor hatte sie diese Stelle ausgewählt. Von der Straße her konnte sie hier niemand sehen und Herr Knorr, der hier wohnte, war momentan in der Stadt. Sie hatte ihn genau beobachtet, sich alles aufgeschrieben und schließlich diesen Plan ausgeheckt.
Mit sanfter Stimme ruft sie den kleinen Hund, der in der Ecke liegt, herbei: „Komm her, Togo. Es ist soweit. Ich bringe dich in Sicherheit.“ In den letzten Tagen hatte Nina den jungen Husky oft in seinem Käfig besucht und ihm Hundekekse mitgebracht. Sie hatte ihn so gut es ging gestreichelt und mit ihm gesprochen, sodass er sich an ihre Stimme gewöhnen konnte. Sie hatte ihm auch schon einen Namen gegeben. „Togo, wie ein berühmter Vorfahre deiner Rasse. So werde ich dich nennen!“, hatte sie ihm liebevoll ins Ohr geflüstert. Während ihrer Besuche hatte sie immer ein paar Drähte des Zwingers mit einer Zange aus Papas Werkstatt durchtrennt. Aber bloß dort, wo es auf den ersten Blick nicht zu sehen war.
Nun humpelt der Hund winselnd zu ihr und leckt sich eine frische Wunde an der Vorderpfote. „Dieser brutale Mistkerl“, flüstert Nina wütend. In einem tröstenden Ton sagt sie: „Komm her Kleiner, jetzt wird alles gut.“ Vorsichtig biegt sie den aufgetrennten Teil des Maschendrahtes nach oben. Der Hund mustert sie und trippelt nervös auf der Stelle. Er scheint zu merken, dass dies ein wichtiger Moment ist. Dann streckt Nina ihre Arme vorsichtig durch das Loch im Zaun und lockt den Vierbeiner mit einem Leckerli. Zögernd, als würde er eine Falle riechen, tritt er heran und lässt sich schließlich problemlos durch die Öffnung führen. Als er draußen ist, drückt ihn Nina sanft an sich, spricht ihm beruhigende Worte ins Ohr, streichelt ihn ganz behutsam und belohnt ihn mit einem Hundekeks. Etwas unbeholfen befestigt sie die mitgebrachte Leine an seinem Halsband und lenkt ihn durchs Gebüsch auf die Gasse. Nicht ohne sich vorher gründlich umzusehen, tritt sie aus dem Schutz der Blätter und marschiert zielstrebig das Sträßchen entlang. Da dieser Weg direkt in den Wald führt, begegnen sie keiner Menschenseele. Diese Strecke zwischen ihrer Wohnsiedlung und dem Nachbardorf kennt Nina seit sie denken kann. Ihre Lieblingstante Elfie lebt dort in einem schönen Haus mit großem Garten. Sie hat auch zugestimmt, den jungen Husky bei sich aufzunehmen. Aber Tante Elfie kennt nicht die ganze Wahrheit! Sie denkt, dass Nina während der Sommerferien auf den Hund ihrer Freundin aufpasst, dies aber nicht zu Hause tun könne, weil ihre Eltern das nicht wollten.
Schließlich zweigt Nina mit Togo in den Feldweg ab. Langsam beginnt sie sich zu entspannen und Togo trottet nur noch wenig humpelnd und scheinbar zufrieden hinter ihr her. „Was wird wohl dieser Tierquäler machen, wenn er entdeckt, dass sein Hund weg ist? Wird er mich verdächtigen oder gar die Polizei rufen?“ Eigentlich ist ihr das egal, denn der Verbrecher ist eindeutig Herr Knorr. Trotzdem plagen Nina Gewissensbisse, denn sie hat einen Hund entführt, also eigentlich gestohlen. Sie beginnt auf ihrer Unterlippe zu kauen und sagt dann laut zu sich selbst: „Es ging nicht anders. Ich konnte doch nicht weiter zusehen, wie dieser widerliche Kerl einen jungen Hund zu Tode prügelt. Nein, das war schon richtig!“
Während Nina in die Hauptstraße des Dorfes einbiegt, nimmt sie Togo an die kürzere Leine, damit er nicht in den Verkehr laufen kann. Nach dem Marktplatz überqueren sie den Bach und steuern auf das große Haus zu. Als Nina mit dem Husky vor dem offenen Gartentor steht, spricht sie in belehrendem Ton zu ihm: „So, lieber Togo. Jetzt beginnt dein neues Leben.“ Togo sieht sie mit treuen hellblauen Augen an. „Du musst dich hier benehmen, denn ich möchte dich behalten. Und das geht nur, wenn sich Tante Elfie auch in dich vernarrt. Nur dann kann ich sie einweihen und dafür sorgen, dass du hier bleiben kannst. Hast du mich verstanden?“ Nun beginnt Togo freudig an ihr hochzuspringen und sie anzubellen, was Nina zum Lachen bringt und gleichzeitig ihre Tante aus dem Garten herlockt. „Da seid ihr ja!“, ruft sie freudig aus und beginnt Togo zu streicheln. „Oh, du bist aber süß! Mal sehen, ob du mich auch magst.“ Tante Elfie kniet sich neben den Husky, streichelt und liebkost ihn. „Was ist das denn?“ Ihre Finger fahren über alte Narben und die frische Wunde und sie blickt Nina erschrocken an. Diese gesteht schüchtern: „Ich muss dir etwas erzählen.“
Einige Zeit später strahlt Nina übers ganze Gesicht, umarmt erst ihre Tante stürmisch und wendet sich dann dem jungen Hund zu: „Hast du gehört? Du kannst jetzt hier wohnen und ich komme dich jeden Tag besuchen!“ Sie drückt ihn überglücklich an sich und Togo leckt wie zur Bestätigung liebevoll ihre Hand.