Samstag, 16. Februar 2013
Kurzgeschichten-Wettbewerb Juni 2012
Hallo zusammen!
Ich weiß, dass ich schon überall damit angegeben habe! Falls du noch nichts davon gehört hast, lass es mich nochmals sagen: Ich habe gewonnen!
Nachdem ich mit 29.05.12 mein Schreibstudium begonnen habe, machte ich aus einer Laune heraus beim Kurzgeschichten-Wettbewerb für Neue (höchstens 6 Monate dabei) mit, schrieb meine erste - für die Öffentlichkeit gedachte - Geschichte und traf dabei den Nerv der Zeit!
Der erste Preis brachte mir außer viel Motivation und Bestätigung auch ein Jahresabo einer Autoren-Zeitschrift ein. Aber lest selbst, wie die Geschichte auf der Homepage der Schule des Schreibens vorgestellt wurde:

"Dies ist eine bitterböse Satire, die sich mit dem aktuell diskutierten Thema Fleischkonsum eindringlich beschäftigt. Es geht um die Bewältigung der Verschiedenheit zwischen Neffe und Onkel, die sich nur über Abgrenzung erkennen und verarbeiten lässt. Die Stärke der Autorin zeigt sich in ihrer klaren Sprache, die eine bestechende Beschreibung hervorbringt. Pathosfrei verbindet sie ihre Gegenüberstellung eines gedankenlosen, abfälligen Menschen mit einem Bekehrten, dem am Ende nichts anderes übrig bleibt, als zu gehen."

Der Fleischfresser

Wieder einmal war er in diesem abgedunkelten Zimmer, wo es immer nach kaltem Fett und Schweiß roch. Auch heute stand er etwas abseits und musste mit ansehen, wie sich sein Onkel über den Teller beugte und Essen in sich hinein schob.
Kurz sah dieser von seinem überzüchteten Huhn auf und blickte in seine Richtung. „Na, Gregor, gehörst immer noch zu diesen Alternativen?“, bellte er in herablassendem Ton. Dann grölte er: „Kann dir nichts anbieten. Ich esse gerade eine Tierleiche! Ha!“ Sein fieses Lachen ließ den massigen Bauch erzittern.
Gregor ekelte sich vor diesen Besuchen, doch es gehörte sich, ein wenig Dankbarkeit zu zeigen. Immerhin finanzierten Onkel Sepp und seine Frau sein Studium und verlangten als Gegenleistung bloß ein kleines Schwätzchen pro Semester.
Er atmete unhörbar ein und richtete sich ein wenig auf, bevor er seinen Onkel erneut ansah. Glänzendes Fett lief diesem gerade in einem Rinnsal aus dem Mund und tropfte vom Kinn auf sein bereits beflecktes Hemd. Nachdem er den zweiten Hühnerflügel mit seinen fleischigen Fingern vom Körper abgerissen hatte, stopfte er sich diesen zwischen die Zähne und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Mit finsterem Blick schnauzte er: „Deine Tante jubelt mir so ’was unter! Meint, ich krepiere sonst an einem Herzinfarkt. Jetzt krieg’ ich den Schweinsbraten nur noch ein Mal die Woche!“
Gregor setzte gerade zum Sprechen an, als ihn sein Onkel aus kleinen, blitzenden Augen anstarrte. „Hast du kein schlechtes Gewissen, dass der Regenwald für dein Soja abgefackelt wird? Das ist doch ’ne Sauerei!“ Endlich wollte Gregor mutig widersprechen, doch sein Gegenüber ließ ihn nicht zu Wort kommen und sprach in erregtem Ton weiter: „Mir wird vorgeworfen, ich würde diese Viecher leidvoll sterben lassen. Aber ohne mich hätten die doch nie gelebt!“ Dieser Ausbruch trieb ihm das Blut in den Kopf und kleine Schweißperlen bedeckten seine Stirn.
Gregor hatte eine andere Vorstellung von Ethik und ihm taten diese Ausflüchte in der Seele weh. Sein Herz wollte aufschreien, den Fettwanst anbrüllen und in seinen Hosentaschen ballten sich beide Hände zu Fäusten.
Schnell hatte sich Onkel Sepp wieder beruhigt, nahm einen Schluck Bier und stellte das Glas mit einem hämischen Grinsen ab. „Wo bleibt denn da der Genuss, die Lebensfreude, hä? Was ist denn das für ein Leben, wenn du dauernd verzichten musst?“ Jetzt lächelte Gregor beinahe gnädig und sprach seit der Begrüßung das erste Mal: „Ich muss nur auf ein schlechtes Gewissen verzichten. Damit lebe ich sehr gut!“ „Jämmerlich!“, zischte der Ältere durch die Zähne!
Während er kaute, griff er nach dem letzten Stück Huhn, hielt aber mitten in der Bewegung inne. Plötzlich sperrte er seinen Mund auf, runzelte die Stirn und ein keuchender Laut entstieg seiner Kehle. Seine Hände umfassten den dicken Hals, sein Gesicht lief blau an und verzog sich zu einer grotesken Fratze. Seine Augen waren weit aufgerissen, von roten Adern durchzogen und traten ein Stück aus den Augenhöhlen hervor. Speichel tropfte aus seinem Mund und eine Hand streckte er um Hilfe bettelnd in die Richtung seines Neffen. Zuerst blieb Gregor dort stehen, wo er die letzten 20 Minuten gestanden hatte.
Endlich machte er einen Schritt auf den Röchelnden zu, beugte sich zu ihm hinunter und sagte in deutlicher, eiskalter Stimme: „Sei doch froh, du hast wenigstens gelebt!“ Dann richtete er sich langsam wieder auf, warf einen letzten, ungerührten Blick auf das hochrote, verzerrte Gesicht und verließ den Raum.
Sein Onkel, allein zum Sterben zurück gelassen, fiel schließlich tot vom Stuhl.



Die Tür geht auf...
Hallo zusammen!
Im Zuge meines Schreib-Lehrganges habe ich ein Blog erstellt, auf dem ich meine Texte, Übungen und Fortschritte festhalten möchte. Natürlich freue ich mich über Kritik und Kommentare und bin jederzeit für Ideen, Vorschläge und Diskussionen offen.
Na dann, lasset die Gedanken purzeln und die Finger tanzen!
Lg Valérie